Sonnenuhr und die Zeit

Sonnenuhr der Sternwarte Rotheul – Hinweise zur Zeitmessung

Der Lauf der Sonne und die Ortszeit

Wenn Sie längere Zeit den Stand der Sonne am Himmel betrachten, dann scheint sich die Sonne zu bewegen. Warum ist das so?

Unsere Sonne ist ein Fixstern, sie befindet sich also immer an der gleichen Stelle im Zentrum unseres Sonnensystems. Unsere Erde dagegen bewegt sich folgendermaßen:

1. Bahnbewegung: 

Die Erde läuft einmal innerhalb eines ganzen Jahres um die Sonne herum; sie bewegt sich dabei auf einer Ellipsenbahn.

Die folgende Graphik (nicht maßstabsgetreu) veranschaulicht diese Bahnbewegung.

Bahnuebersicht
Bildquelle: http://einklich.net/rec/astro/jahreslauf.htm

2. Rotation: 

Die Erde dreht sich innerhalb eines ganzen Tages einmal um ihre Achse (dazu später mehr).

Von uns aus gesehen bewegt sich also die Sonne auf einer (scheinbaren) Bahn am Himmel, diese Bahn nennt man Ekliptik.

Mithilfe des Sonnenstandes, dem momentanen Standort der Sonne am Himmel, kann man die Zeit angeben; diese Zeit heißt dann Ortszeit. Sie ist (wie der Name sagt) abhängig vom Standpunkt des Betrachters. Bei Orten, die auf dem gleichen Längengrad liegen, ist sie gleich. Es gibt aber 2 verschiedene Ortszeiten:

1. Die Wahre Ortszeit (WOZ):

Den höchsten Punkt am Himmel erreicht die Sonne, wenn sie genau im Süden steht (Meridiandurchgang). Diesen Zeitpunkt, in dem die Sonne exakt im Süden steht, gibt die Wahre Ortszeit (WOZ) an; es ist dann 12 Uhr WOZ, also genau Mittag. Die Sonne bewegt sich innerhalb eines Jahres nicht gleichmäßig schnell über den Himmel, während sich die Erde (fast) gleichmäßig schnell um ihre Achse dreht (Der Grund dafür wird unten erklärt). Deswegen hat man eine zweite Ortszeit eingeführt:

2. Die Mittlere Ortszeit (MOZ):

Diese Zeit ist eine gleichmäßig verlaufende, über das Jahr gemittelte Zeit.

Den Unterschied kann man sich etwa folgendermaßen klarmachen: Für die WOZ betrachtet man die „echte“ Sonne, wie sie sich tatsächlich auf der Ekliptik bewegt. Für die MOZ dagegen betrachtet man eine gedachte „mittlere“ Sonne, die sich mit gleichmäßiger Geschwindigkeit am Himmelsäquator (also der Projektion des Erdäquators an den Himmel) entlangbewegt.

Die folgende Graphik zeigt, wie die Sonne im Lauf eines Jahres sich am Sternenhimmel bewegt (Anmerkung: Das ist natürlich eine Projektion, denn tagsüber kann man den Sternenhimmel ja nicht sehen). Die Sonne scheint sich auf einer bestimmten Bahn (Ekliptik) von rechts nach links (von Westen nach Osten) zu bewegen. Der Stand der Sonne bleibt übers Jahr also nicht gleich.

Jahreszeiten
Bildquelle: https://www.waa.at/hotspots/zeitgleichung/bild1.jpg

Warum gibt es diesen Unterschied zwischen WOZ und MOZ?

Dafür gibt es 2 Gründe, die Ellipsenform der Erdbahn und die Neigung der Erdachse. Beide Effekte ergeben zusammen die Zeitgleichung.

Funktion der Zeitgleichung (genaueres hierzu -> weiter unten)

Zeitgleichung
Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgleichung

1) Ellipsenform:

Die Erde bewegt sich auf einer Ellipsenbahn um die Sonne, wobei die Sonne in einem Brennpunkt der Ellipse (also etwas neben der „Mitte“) steht (sog. 1. Kepler-Gesetz). Dementsprechend  gibt es für die Erde 2 charakteristische Punkte:

Den größten Abstand zur Sonne, das Aphel, und den geringsten Abstand zur Sonne, das Perihel. Folgende Graphik (nicht maßstabsgetreu) veranschaulicht diese Positionen: Links das Aphel (hier beträgt der Abstand zur Sonne etwa 152,1 Mio. km) und rechts das Perihel (Abstand zur Sonne: 147,1 Mio. km).

Nach dem zweiten Kepler-Gesetz bewegt sich ein Planet umso schneller um die Sonne, je näher er ihr ist, und umso langsamer, je weiter entfernt er ist. Deshalb läuft die Sonne auf ihrer Bahn am Himmel unterschiedlich schnell, um den 5. Juli ist sie am langsamsten und um den 3. Januar am schnellsten. Folgende Graphik verdeutlicht dies:

Bildquelle: http://www.sternwarte-eberfing.de/Fuehrung/BilderFuehrung/SonneErdbahn.gif

Im Winterhalbjahr läuft die Sonne also schneller über den Himmel als im Sommerhalbjahr; Daraus ergeben sich Unterschiede der WOZ zum gemittelten Jahreswert, der MOZ. Diese Unterschiede können bis zu 7 oder 8 Minuten Vor- oder Nachgehen betragen.

An diesem Punkt sollte angemerkt werden, dass die astronomische Definition des Tages sich nicht an der Stundenzahl der Sonneneinstrahlung orientiert. Ein Tag ist definiert als Zeitspanne zwischen einem Höchststand der Sonne und dem darauf folgenden Höchststand der Sonne, also von 12 Uhr WOZ bis 12 Uhr WOZ.

2) Neigung der Erdachse:

Dieser Effekt ist etwas kompliziert und deswegen soll hier nur das Wesentlichste genannt werden.

Die Erdachse, um die sich die Erde innerhalb eines Tages genau einmal dreht, ist gegenüber der Ellipsenbahn geneigt (“sie steht schräg“ auf der Bahn), und zwar um 66,5°. Aufgrund dieser Neigung  ist die Ekliptik gegen den Himmelsäquator um 23, 5° geneigt. Der Unterschied der WOZ zur MOZ ergibt sich aus folgender Graphik:

Die Auswirkung der Neigung der Erdachsel auf die scheinbare Bewegung der Sonne am Himmel –
Quelle: https://www.waa.at/hotspots/zeitgleichung/wintersonne.html

Die Streckenabschnitte auf der Geraden (=Himmelsäquator) markieren gleichmäßige Zeitabstände, sie geben also die MOZ an. Betrachten wir jetzt die Bewegung der Sonne (Sinusförmige Linie=Ekliptik): Wir markieren zunächst immer die von der Sonne auf der Ekliptik zurückgelegten Strecken und projizieren dann den jeweiligen Standort der Sonne auf den Himmelsäquator (gestrichelte, senkrechte Linien). Die gestrichelten Linien fallen nie mit den Streckenabschnitten auf dem Himmelsäquator zusammen, die Sonne läuft also unterschiedlich schnell und damit verläuft auch die WOZ unterschiedlich! Über das ganze Jahr hinweg ergeben sich also auch durch diesen Effekt Differenzen zwischen WOZ und MOZ!

Die beiden Effekte und die daraus resultierenden Differenzen zwischen WOZ und MOZ werden nun in einer Funktion zusammengenommen. Die Effekte hängen, wie oben gezeigt, auch vom Datum ab, das noch einbezogen werden muss.  Dies ist die Zeitgleichung, sie gibt immer die Differenz zwischen der Wahren Ortszeit und der Mittleren Ortszeit an:

Zeitgleichung = Mittlere Ortszeit – Wahre Sonnenzeit

Um von der WOZ auf die MOZ zu kommen, muss also immer der Wert der roten Funktion (Linie) unter Berücksichtigung des jeweiligen Datums vom Wert der WOZ abgezogen werden. Ist der Wert der Funktion negativ, so wird aus dem Minus ein Plus.

Beispiel: Am 1. August ist der Wert etwa -6 Minuten, d.h. die MOZ ergibt sich so: WOZ – (-6 Minuten) = WOZ +6 Minuten

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